Inhaltsverzeichnis
Medien und Digitalität
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Langfilme

Nacht und Nebel

Originaltitel: Nuit et brouillard – Dokumentarfilm – Alain Resnais – Frankreich 1955, Laufzeit: 31 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK: 12

Der Film des bekannten französischen Regisseurs Alain Resnais ent- stand 1955, zehn Jahre nach der Auflösung der Konzentrationslager, als Mahnmal gegen das Vergessen. Er nimmt seinen Ausgang in den grün überwucherten Ruinen von Auschwitz und zeigt in einem Rück- blick anhand von Film- und Bildmaterial das Geschehen in den Todeslagern, die gnadenlose, menschen-verachtende Präzision der "Endlösung". Resnais Dokumentarfilm gilt filmhistorisch aber auch inhaltlich als eines der wichtigsten Werke zur Geschichte des Holocaust. Gerade seine relative zeitliche Nähe zu den Geschehnissen und seine Zurückhaltung in Kommentar und Bildsetzung sind auch über 65 Jahre nach ihrem Ent- stehen noch eindrucksvoll.

Das erste Evangelium – Matthäus

Originaltitel: Il Vangelo Secondo Matteo – Spielfilm – Pier Paolo Pasolini - Italien 1964, Laufzeit: 136 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK: 6

1964 wagte sich der Meisterregisseur Pasolini an die Verfilmung der biblischen Jesuserzählung. Der„Stoff“ entsprach seiner sozial- und gesellschaftskritischen Einstellung, die er in vielen seiner Literatur- und Filmwerke einnahm. Es gab Vermutungen, Pasolini habe für seine Jesusgeschichte die Bibel als Drehbuch verwendet; so dicht bleibt er am Text des Matthäus-Evangeliums. Die Konzentration und Reduktion auf die biblische Überlieferung werden durch die Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Inszenierung und die Kamera Führung unterstützt: Der Zuschauer wähnt sich in einem Passionsspiel, ohne Spezialeffekte a la Hollywood. (Es wurde ja auch mit Laiendarstellern gedreht.) Und doch entsteht durch den Wechsel von Nahaufnahmen, vor allem auf die Gesichter der Protagonisten, und einen weiten Blick auf Natur und Umgebung, eine gewaltige Wirkkraft des Films, die vor allem die revolutionären humanisti- schen und sozialen Aspekte der Botschaft Jesu herausstellt.

Bruder Sonne, Schwester Mond

Spielfilm – Franco Zeffirelli – Großbritannien/Italien 1972, Laufzeit: 115 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 6

Aus dem Krieg gegen Perugia, in den er stolz gezogen war, kehrt der junge Francesco krank in sein reiches Elternhaus in Assisi zurück. Fieberfantasien führen ihm sein bisher oft hochmütiges und rücksichtsloses Verhalten vor Augen. Wieder gesund, verbringt er seine Tage sinnierend in der Natur und begegnet Chiara – einem von vielen Menschen, die sich ihm im Laufe der Jahre anschließen werden. Sie leben in Armut und Harmonie mit Gottes Schöpfung und ihren Nächsten im Sinne von Jesus Christus. Doch Francesco muss sich besonders gegen seinen Vater, einen Tuchhändler, sowie kirchliche und staatliche Widerstände durchsetzen.

Der Filmklassiker des italienischen Regisseurs Franco Zeffirelli über die Jugendjahre des Heiligen Franz von Assisi erzählt von dessen Entscheidung, alles hinter sich zu lassen und seine wahre Bestimmung in Gott, in der Armut und in der Natur zu finden. Der Film stellt viele aktuelle Bezüge zum Umweltschutz und zu Konsumkritik her und erhält atmosphärische Unterstützung durch seine Filmmusik. Das Werk wurde an Originalschauplätzen in Italien gedreht und ist ein außergewöhnlich bereicherndes und tiefsinniges Filmerlebnis.

Gandhi

Spielfilm – Richard Attenborough – Großbritannien/USA/Indien 1982, Laufzeit: 188 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Mahatma Gandhi geht 1893 als Rechtsanwalt nach Südafrika, um die dort lebenden Inder gegen die strikten Apartheidgesetze zu vereinen. Dabei wendet er zum ersten Mal den passiven, gewaltlosen Widerstand an.

Dieser wird ab 1915 auch in Indien sein Mittel im Kampf für die Freiheit seines Volkes sowie die Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht sein. Nach über 30 mühsamen Jahren wird sein Traum wahr und Indien ein freies Land. Gandhis Lebenseinstellung hat den Lauf der Geschichte entscheidend geprägt und nahm Einfluss auf das Schicksal von Millionen von Menschen. Sein Weg war die Gewaltlosigkeit und seine Waffe die Menschlichkeit. Das monumentale Biopic beschreibt in ruhiger Erzählweise und durch sorgfältige historische Rekonstruktion den Werdegang einer der wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Ein faszinierendes und vielfach preisgekröntes Epos, dass noch heute die Vision von Frieden auf Erden zu vermitteln vermag.

Babettes Fest

Spielfilm – Gabriel Axel – Dänemark 1987, Laufzeit: 102 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 6

Die Filmgeschichte beruht auf Karen Blixens Novelle „Babettes Gastmahl“ aus dem Jahr 1958. Mit einem opulenten Festmahl französischer Art gelingt es Babette, verfestigte Ansichten und Lebensweisen ihrer Gäste, Einwohner eines von pietistischer Frömmigkeit geprägten kleinen

dänischen Dorfes, allmählich aufzubrechen. Wo vorher Genuss und Sinnesfreuden tabu waren und Verzicht und Distanz geboten waren, nähert man sich während des Mahles einander an, lässt Berührungen zu und drückt Zuneigung aus.Dem Film gelingt es, eine offene Einstellung zu propagieren, die die Freuden des Lebens bejaht, ohne die fromme, zurückhaltende Art der Dorfbewohner gering zu schätzen.

Wenn man wollte, könnte man die Geschichte auch so zusammenfassen: „Liebe geht durch den Magen.“

Schindlers Liste

Spielfilm – Steven Spielberg – USA 1993, Laufzeit: 187 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Die Dramatisierung eines dokumentarischen Romans über den national- sozialistischen Industriellen Oskar Schindler, der in Polen mehr als 1.100 Juden das Leben gerettet hat. Teilweise an Originalschauplätzen gedreht, überzeugt der mehr als dreistündige Film vor allem in der Darstellung der Personen und Details, die sich zu einem Zeugnis aktiver Menschlichkeit verdichtet. Man mag über die Möglichkeiten, die Geschehnisse des Holocaust zu dramatisieren, unterschiedlicher Meinung sein, aber die emotionale Wucht bei gleichzeitiger Konzentration auf reale historische Ereignisse um die ambivalente Figur des Oskar Schindler, machen den Film zu ei- nem bleibend wichtigen Kunstwerk, das tiefen Eindruck hinterlässt.

Antonias Welt

Spielfilm – Marleen Gorris – Norwegen – Belgien 1995, Laufzeit: 96 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Kurz vor ihrem Tod lässt die BäuerinAntonia ihr Leben Revue passieren: Nach dem Krieg kehrt sie mit ihrer Tochter in ihr bäuerliches Heimatdorf zurück und übernimmt den Hof ihrer Mutter. Ihre starke Frauen Persönlichkeit und ihre unerschöpfliche Energie prägen das Leben auf dem Bauernhof, der sich zu einem Symbol für Liebe, Freude, Hoffnung und Schmerz entwickelt.Der Film erhielt 1996 den Oscar® als bester ausländischer Film – und das zurecht. Die Familien-Saga über fünf Frauengenerationen stimmt ein Hohelied auf Toleranz, Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit an. Die Filmgeschichte beschreibt die Grundanliegen der Emanzipations-bewegung und feiert die Größe feministischer Freundschaft, Freiheit, Intuition und Solidarität. Ein Klassiker des Frauenfilms!

Oscar® ist the registered trade and service mark of the Academy of Motion Pictures Arts and Sciences. All rights reserved.

Broken Silence

Spielfilm – Wolfgang Panzer – Schweiz 1996, Laufzeit: 104 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Ein Schweizer Kartäusermönch beichtet einem katholischen Geistlichen in New York die Geschichte seiner Odyssee durch Indien: Auf dem Weg nach Indonesien, wo er die Besitzerin des Klosters aufsuchen soll, begegnete er im Flugzeug einer jungen Afroamerikanerin. Wegen seiner Flugangst verlassen beide in Neu- Delhi das Flugzeug und setzen die Reise gemeinsam auf dem Landweg fort. Bald verbindet sie die gemeinsame Suche nach Klarheit und Ruhe. Ein in mehrfacher Hinsicht besonderer Film: Der Mitte der 1990er Jahr- spezielle Einsatz der Videokamera zur Herstellung eines Spielfilms führt zu visueller Verfremdung, aber auch zu besonderer Nähe zu den Hauptfiguren. Als Zuschauer nimmt man direkt an der Reise des Kartäusers und der jungen New Yorkerin teil, taucht in ihre Suche, ihre religiösen und biografischen Gespräche und schließlich in das existenzielle Miteinander ein. Die Rahmenhandlung, die den Reisebericht als Beichte präsentiert, reflektiert und verstärkt die Wirkung zugleich. Ein Film mit spirituellen Qualitäten, der auch 25 Jahre nach seiner Entstehung immer noch eine besondere Faszination ausübt.

Das Leben ist schön

Spielfilm – Roberto Benigni – Italien 1998, Laufzeit: 124 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK 6

Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg lernt der assimilierte jüdische Spaßvogel Guido in Arezzo die Lehrerin Dora kennen und lieben. Als wenige Jahre später alle Juden Italiens in ein

Konzentrationslager deportiert werden, folgt Dora ihrem Mann und ihrem Sonn aus Liebe nach. Doch Guido bringt es seinem Sohn gegenüber nicht fertig, die grausame Wahrheit zu sagen und gaukelt ihm vor, dass alles nur ein Spiel sei. Beginnend als lustige und poetische Liebesgeschichte, wendet sich der Film im zweiten Teil zu einer Tragödie. Er handelt vom menschlichen (Über-)Lebenswillen und erinnert an den Holocaust. Das mit großer Sensibilität und Ernsthaftigkeit inszenierte Movie ist ein bewegender Versuch, auf besondere Weise (Kino-)Bilder für die unverbrüchliche Würde der Holocaust-Opfer zu finden. Ein einzigartiges Filmwerk.

Luther

Spielfilm – Eric Till – Deutschland 2003, Laufzeit: 123 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK 12

Der Film erzählt das Leben von Marin Luther: ein aufwühlendes, hoch emotionales und dramatisches Leben, das von einem Wechselspiel zwischen Glaubensstärke und Anfechtung, Härte und Zerbrechlichkeit, Entscheidungskraft und Hader geprägt ist. Luther klagte eine

allmächtige Kirche an, wurde vom Papst exkommuniziert und vom Kaiser geächtet. Er veränderte mit seiner Überzeugung die Welt. Die wichtigsten Stationen der Reformation (Auswüchse des Ablasshandels und Reliquienkults, 95 Thesen, Reichstag zu Worms und Bibelübersetzung auf der Wartburg) werden solide und durchaus spannend inszeniert, so dass Geschichte leben- dig wird. Sowohl in Schule als auch Erwachsenenbildung kann der Film zu vielfältigen Diskussionen und zur Weiterbeschäftigung mit dem Thema anregen

Touch The Sound

Dokumentarfilm – Thomas Riedelsheimer – Deutschland/ Großbritannien 2004, Laufzeit: 100 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK o. A.

Die weltberühmte klassische Perkussionistin Evelyn Glennie hat nach ei- ner Gehörerkrankung im Kindesalter gelernt, ihren Körper als Resonanzraum zu nutzen, den Klang zu spüren. Gemeinsam mit Regisseur Thomas Riedelsheimer und musikalischen Weggefährten wie Fred Frith und Za Ondekoza begibt sie sich auf eine Reise rund um die Welt. Der Film bietet eine packende Expedition ins Innere von Klangwelten. Eine oftmalige Frage im Film lautet: „Wie macht sie das?“ Eine gehörlose Frau spielt auf allen möglichen Percussion-Instrumenten in einer faszinierenden Art und Weise, allein oder gemeinsam mit anderen Musikern und tritt mit ihrem Körper und ihren Sinnen in Kommunikation mit ihrer Umwelt. Und die überzeugende dokumentarische Filmumsetzung des Regisseurs Thomas Riedelsheimer ist das zweite Faszinosum. Musik lebt – auch mit eingeschränkten Sinnen.

Die große Stille

Dokumentarfilm – Philip Gröning – Deutschland 2005, Laufzeit: 167 Mi-nuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

Die "Grande Chartreuse", das Ursprungskloster der Kartäusermönche nahe Grenoble, ist ein Ort jenseits der Zeit, an dem die Mönche ihre Tage in tiefstem Schweigen verbringen. Diesem radikalen Lebensentwurf versucht die filmische Form gerecht zu werden. Mit ähnlicher Kargheit und Strenge lässt sich der experimentelle Dokumentarfilm auf das Le- ben der Mönche ein, auf ihr Beten und Alleinsein, ihre Arbeit, aber auch auf die Momente der Gemeinschaft. Der weitgehend wortlose, ganz dem rituellen Dasein der Mönche gewidmete Film verzichtet auf jede Information über den kontemplativen Or- den und bringt durch die Bild- und Tongestaltung den sinnlichen Ein- druck einer radikalen, unzeitgemäßen Existenzform nahe. Nur wer bereit ist, sich den Bildern und wortlosen Eindrücken auszusetzen, kann von diesem Film profitieren – dann allerdings im besonderen Maße. „Die große Stille“ kündigt durch den Titel schon an, dass es eines besonderen Settings (z. B. Vorführung im Kirchenraum) und eines ausgewählten Kontextes (z. B. im Rahmen von Exerzitien) bedarf, um die Wirkung des Films voll zur Entfaltung zu bringen. Im besten Falle wer- den die Betrachtenden für eine Weile Teil der Klostergemeinschaft und spüren in Ansätzen die Radikalität der dargestellten Existenzform.

Wer früher stirbt, ist länger tot

Spielfilm – Marcus H. Rosenmüller – Deutschland 2006, Laufzeit: 101 Mi- nuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK 6

Sebastian, ein aufgeweckter Elfjähriger aus einem oberbayrischen Dorf, fehlt etwas die erzieherische Obhut eines geordneten Elternhauses. Sei- nem Vater, der als Alleinstehender die Dorfwirtschaft betreibt, fehlt schlichtweg die Zeit dafür. Seinen Freiraum nützt Sebastian für allerhand groben Unfug. Bei einem seiner Streiche kommt ein Kaninchen seines Bruders zu Tode. Derart verärgert, verrät bzw. beschuldigt der ältere Bruder Sebastian, schuld am Tod ihrer Mutter zu sein, die nicht, wie bisher angenommen, durch einen Unfall, sondern in Wirklichkeit bei Sebastians Geburt gestorben war. Fortan versucht Sebastian auf verschiedenen abenteuerlichen und kuriosen Wegen, diese unerträgliche Schuld loszuwerden. Naheliegend, dass dabei einige von Sebastians Mitmenschen gegen ihren Willen in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Geschichte ist viel gehaltvoller als übliche Lausbubengeschichten. Neben dem sich durchziehenden Thema Tod, sind weitere Herausforderungen des Lebens wie Freundschaft, Liebe, Partnerschaft, Krankheit, Depression, Schuld, Religiosität berührt. Der schwarze, aber hintergründige Humor, der sich durch den Film zieht, mildert jedoch die Schwere vieler dieser Lebensthemen und lässt sie annehmbar und zum Leben gehörend erscheinen.

Nokan

Spielfilm – Yojiro Takita – Japan 2008, Laufzeit: 130 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Ein arbeitsloser Cellist kehrt mit seiner Frau in seine Heimatstadt im Norden Japans zurück, wo er einen Job bei einem Bestattungsunternehmen findet, der lukrativ, aber gesellschaftlich geächtet ist. Trotz zahlreicher äußerer wie innerer Widerstände erkennt er in der rituellen Aufbahrung des Leichnams eine Berufung, da die würdevolle Zeremonie eine heilsame Wirkung auf die Hinterbliebenen ausübt. Die Sepulkralkultur, also die Kultur des Todes, des Sterbens, des Bestattens sowie des Trauerns, hat in vielen unterschiedlichen Gesellschaften und Kulturen oft ähnliche Ausformungen: Die Waschung, das Aufbahren, die Verabschiedung, das Bestatten, das Trauern. Allerdings sind der Tod und der Umgang damit zunehmend aus der Öffentlichkeit verschwunden und tabuisiert. Und damit seine Kulturformen. Der Film macht in einer sehr einfühlsamen Art und Weise die Bedeutung der Sepulkralkultur deutlich.

Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen

Dokumentarfilm – Hajo Schomerus – Deutschland/ Schweiz 2010, Laufzeit: 89 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

Es ist die ungewöhnlichste Wohngemeinschaft der Welt: in der anno 325 errichteten Grabeskirche in Jerusalem leben sechs christliche Konfessionen Tür an Tür: griechisch- orthodoxe , römisch-lateinische , syrische, armenische, äthiopische und ägyptische Christen – allerdings kann sich diese Gemeinschaft nicht einigen, wer denn nun eigentlich Anspruch auf das Grab Jesu hat. Zu hohen Festtagen kommen sich die Prozessionen schon mal in die Quere und Gläubige aus aller Welt verkeilen sich ineinander. Dem Dokumentarfilm gelingt das große Kunststück, einen Ort, der allen christlichen Bekenntnissen als heilig gilt, sowohl in seiner ganzen Vielfalt und langen Geschichte, als auch mit dem nötigen Humor angesichts eines alltäglich neu entstehenden Chaos äußerst unterhaltsam zu porträtieren, verschiedene Stimmen einzufangen und ein buntes Gesamtbild zu präsentieren. In Erwachsenenbildung und Schulunterricht kann dieser Besuch gleichermaßen faszinierend wirken.

Im Garten der Klänge

Dokumentarfilm – Nicola Belucci – Schweiz 2010, Laufzeit: 85 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK o. A.

Der Schweizer Musiktherapeut Wolfgang ist seit seinem 22. Lebensjahr blind. Nachdem er einige Jahre als Physiotherapeut gearbeitet hat, lebt und arbeitet er nun schon seit 16 Jahren in einem Bergdorf in der Toskana. In seine Praxis kommen Kinder mit zum Teil schweren körperlichen und geistigen Behinderungen. Dort können sie verschiedene Klangkörper und Instrumente ausprobieren. Nach und nach lernen die Kinder Kontakt aufzunehmen, aus sich herauszugehen und zu entspannen. „Ent-Spannung“. Das ist die eine der zentralen Aussagen dieses Films. Ein blinder Mann schafft es mit seinen Händen und seiner Musik, Muskeln und Seelen zu entkrampfen. Und die zweite zentrale Aussage lautet Achtsamkeit. Es ist beeindruckend, wie Wolfgang den Menschen zuhört, ihre körperlichen, geistigen und auch seelischen Behinderungen erspürt und erkennt und in einer unglaublichen Achtsamkeit mit ihnen Lösungen ausprobiert und Heilung schafft.

Ziemlich beste Freunde

Spielfilm – Eric Toledano, Olivier Nakache – Frankreich 2011, Laufzeit: 112 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 6

Nur „ziemlich beste Freunde“ werden Philipp und Driss. Der Graben zwi- schen den Welten, in denen sie leben, ist sehr tief: Philipp, ein wohlhabender, kulturell gebildeter aber körperlich schwerbehinderter Mann, stellt Driss, einen vorbestraften, farbigen Franzosen mit Migrationshintergrund aus einem Pariser Problem- viertel, als Pfleger und Chauffeur ein. Dieser „Clash of Cultures“ scheint ein Experiment zu sein, das von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Doch die sehr direkte und unkomplizierte Herangehensweise von Driss an seinen Job,  stellt sich als guter Weg heraus, mit Philipp und seiner starken Beeinträchtigung umzugehen. Aus dem Angestelltenverhältnis entwickelt sich allmählich eine vertrauensvolle Beziehung, die Züge einer Freundschaft annimmt. Bleibt die mitunter rasante Komödie auch an vielen Stellen an der Oberfläche, so verbaut sie doch nicht die Möglichkeiten, sich auch mit den ernsten Themen des Films auseinanderzusetzen. Eindrucksvoll ist die Filmmusik von Ludovico Einaudi.

Von Menschen und Göttern 

Spielfilm – Xavier Beauvois – Frankreich 2010, Laufzeit: 123 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Im Jahr 1996 werden im algerischen Atlasgebirge sieben Trappistenmönche ermordet aufgefunden. Das spirituelle Drama nach einer wahren Begebenheit zeichnet die letzten Monate im Leben der Mönche von Tibhirine nach. Sie leben ein friedliches, asketisches Leben, ihrem Glauben und der Hilfe für andere verpflichtet. Als in der Nähe des Klosters eine Gruppe von Gastarbeitern von islamistischen Rebellen getötet wird, greift der schon lange schwelende Konflikt zwischen algerischen Regierungs-Truppen und Rebellen auch in das Leben der Mönche ein. Man legt ihnen nahe, das

Kloster zu verlassen. Doch die Mönche diskutieren, zweifeln, kämpfen mit sich – und entscheiden, dass sie gerade in dieser Situation bleiben müssen und wollen. Der vielfach mit Preisen ausgezeichnete Film enthält durch Inhalt und Form spirituelle Qualitäten. Der gemeinsame Psalmengesang und die Feier der Eucharistie begleiten und kommentieren die Geschehnisse im Alltag der Mönche, welche der existenziellen Frage nachgehen, was eigentlich Nachfolge Christi konkret bedeutet. Die hervorragenden Schau- spieler vermitteln nicht nur persönliche Glaubenserfahrung sondern geben auch beeindruckendes Zeugnis von der Begegnung zwischen Islam und Christentum. Zentrales Thema ist über das Weihnachtsfest der tiefere Sinn von Menschwerdung.

Le Havre

Spielfilm – Aki Kaurismäki – Deutschland/Finnland/Frankreich 2011, Laufzeit: 94 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

Marcel, früher Autor und wohlbekannter Bohemien, hat sich vor längerer Zeit in sein frei gewähltes Exil, die Hafenstadt Le Havre, zurückgezogen. Der Traum vom literarischen Durchbruch ist längst begraben und trotzdem führt er ein zufriedenes Leben mit seiner Frau Arletty. Doch dann erkrankt Arletty schwer. Gleichzeitig kreuzt Indrissa, ein minderjähriger Flüchtling aus Afrika, seinen Weg. Mit der Unterstützung diverser Freunde möchte Marcel dem Junge die Weiterreise nach London ermöglichen, wo er seine Mutter finden will. Solidarität, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe sind die Kernaussagen in den Filmen des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki. Er widmet sich den Menschen und ihren Problemen an den Rändern der Gesellschaft und findet in seiner eigenen lakonischen Erzählweise einen außergewöhnlichen Zugang zu diesen Randgruppen. In diesem Film nimmt er sich dem Thema „Flucht“ an und am Ende bleibt offen, ob es sich um ein Märchen oder ein Gebet handelt.

Vergiss mein nicht

Dokumentarfilm – David Sieveking – Deutschland 2012, Laufzeit: 88 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

David Sieveking dokumentiert die letzten Lebensjahre seiner eigenen Mutter Gretel, die an der Alzheimer- Krankheit leidet. Sie verliert jedoch nicht den Lebensmut. Ihr Sohn zieht zu ihr und lernt sie noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen und wird von ihr schon bald für ihren

Ehemann gehalten. Der Vater entwickelt noch einmal eine liebevolle Beziehung voller Intimität und Romantik zu seiner Frau, die auch von ihr erwidert wird. Da Gretel nichts mehr aus der Vergangenheit berichten kann, macht sich ihr Sohn auf die Suche nach der Vergangenheit seiner Eltern. Der Dokumentarfilm, der ganz innerhalb der betroffenen Familie bleibt, weitet sich durch Fotos und Filmausschnitte aus dem Leben von Gretel zu einem bewegenden Porträt der Mutter des Filmemachers. Obwohl die Schilderungen sich zentral mit Alter, Tod und dem Schrecken des Vergessens durch die Demenz auseinandersetzen, feiert die Inszenierung vor allem auch die Kostbarkeit des Lebens und geteilter Lebenszeit und entfaltet auf diese Weise eine sehr positive Stimmung.

Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit

Spielfilm – Uberto Pasolini – Großbritannien 2013, Laufzeit: 87 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Ein Angestellter des Londoner Sozialamts widmet sich hingebungsvoll seiner Aufgabe, Angehörige und Bekannte von Menschen aufzuspüren, die einsam gestorben sind. Er schreibt einfühlsame Reden, organisiert die Beerdigungen und kümmert sich um die letzten Dinge. Doch dann wird seine Abteilung aufgelöst, und er verliert seinen Job. Ein letzter Fall bleibt ihm noch, in den er sich mit aller Energie stürzt.

In einer Indianerreligion wird der Tod so dargestellt, dass man nach dem Sterben einem Wesen begegnet, das einen fragt: „Wieviel Menschen waren glücklich, dass du gelebt hast?“. Das ist die zentrale Aussage dieser Religion und das ist auch die zentrale Aussage dieses Films. Ein einsamer skurriler Mann kümmert sich um die einsamen Toten einer Stadt. Was wäre, wenn dieser Mann sterben würde? Eine Hommage an die Nächstenliebe.

Pfarrer

Dokumentarfilm – Chris Wright und Stefan Kolbe – Deutschland 2013, Laufzeit: 90 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK o. A.

Ein Jahr lang begleiten die Regisseure Wright & Kolbe eine Gruppe junger Männer und Frauen in der Endphase ihrer Ausbildung zum Pfarrer im Predigerseminar in Wittenberg. Anfangs geht es noch hauptsächlich um das Erlernen religiösen Handwerks. Aber im Laufe der Zeit sehen sich Protagonisten wie Filmemacher zunehmend mit den grundlegendsten menschlichen Fragen konfrontiert. Grenzen verschwimmen – zwischen Glauben und Unglauben, Trost und Verzweiflung, Wahrheit und Wahnsinn. Es entsteht ein offener, intimer Dialog über unsere fundamentalen Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Sinn. Durch die räumliche Konzentration auf das Predigerseminar und die sehr persönlichen Interviews mit vier jungen Männern und Frauen entsteht Raum für eine persönliche Auseinandersetzung mit Glauben, Zweifel und Lebensweg. Der Film verlangt einiges an Konzentration, wirkt dann aber lange nach.

Paddington

Spielfilm – Paul King – Frankreich/ Großbritannien 2014, Laufzeit: 91 Minuten, empfohlen ab 8 Jahren – FSK o. A.

Der heimatlos gewordene sprechende Bär Paddington gerät in London in allerlei Abenteuer. Nicht nur, weil die großstädtische Zivilisation Eingewöhnung braucht, sieht sich der Bär vor schwierige Herausforderungen gestellt. Eine zu allem entschlossene Tierpräparatorin will Paddington unbedingt ausgestopft in ihrer Trophäensammlung haben. Zu seinem Glück findet er bei Familie Brown – wenn auch erst nach Anlaufschwierigkeiten – ein neues Zuhause. Die filmische Umsetzung der von Michael Bond geschriebenen Geschichten ist hervorragend gelungen. Ein anrührender, zuweilen durchaus spannender Film für die ganze Familie, der auch durch Detailverliebtheit und Trickraffinesse besticht. Wie könnte man den tollpatschigen, drolligen aber wahnsinnig charmanten Pelzgesellen, der sämtliche Teddybär-Klischees erfüllt, nicht mögen? Und weil das so ist, gehen seine Abenteuer in Paddington 2 weiter.

Das Salz der Erde 

Dokumentarfilm – Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado – Brasilien/ Frankreich 2014, Laufzeit: 109 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK 12

Der aus Brasilien stammende Fotograf Sebastião Salgado dokumentierte in den vergangenen 40 Jahren die Spuren unserer Menschheitsgeschichte auf allen Kontinenten. In einer Schaffenspause widmete er sich der Wiederaufforstung eines erodierenden Gebietes in seiner Heimat, wodurch er zu seinem Fotoprojekt „Genesis“ inspiriert wurde, das die paradiesischen,

von Menschen unberührten Orte der Erde zeigt. Diese Fotografien sind eine Hommage an die Schönheit unseres Planeten. Viele kennen die eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bilder von Sebastiao Salgado: Verdreckte Goldschürfer in Brasilien, brennende Ölfelder in Kuwait oder hungernde Kinder in der Sahelzone. Seine sozialdokumentarischen Bilder machten ihn krank, jetzt widmet er sich Aufforstungsprojekten und der Naturfotografie, die seine Seele heilen. Sein Sohn Juliano Ribeiro Salgado und Filmemacher Wim Wenders setzen dem Leben und der Arbeit des Fotografen ein dokumentarisches Denkmal.

Papst Franziskus — Ein Mann seines Wortes

Dokumentarfilm – Wim Wenders – Deutschland/Italien/Schweiz/Frankreich 2018, Laufzeit: 92 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK o. A.

Der Filmemacher Wim Wenders begleitet Jorge Mario Bergoglio, der seit 2013 als Papst Franziskus Oberhaupt der katholischen Kirche ist, über zwei Jahre auf seinen Reisen. U.a. nach Jerusalem und bei den Vereinten Nationen. Er beobachtet den Papst in Einzelgesprächen mit Personen jeglichen Alters, aus verschiedenen Nationen und allen sozialen Schichten. Im Zentrum dieses Porträts stehen die Gedanken des Papstes, alle ihm wichtigen Themen, aktuelle Fragen zu globalen Herausforderungen und sein Reformbestrebungen innerhalb der Kirche. Dieser Film ist in einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit mit dem Vatikan entstanden. Die Dokumentation zeigt dem Zuschauer in einer Zeit, in der das Misstrauen gegenüber der Politik wächst und in der Korruption und „alternative Fakten“ das Leben bestimmen, ein Portrait von einem Mann, der versucht zu leben, was er predigt, und dem die Menschen aller Glaubensrichtungen, aus aller Welt und aus unterschiedlichsten Kulturen ihr Vertrauen schenken. Der Film will jene Nähe zum Menschen erzeugen, die Franziskus selbst als Kern seiner pastoralen Arbeit sieht.

Für Sama

Originaltitel: For Sama –Dokumentarfilm – Waad al-Kateab – Großbritannien 2019, Laufzeit: 96 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK 16

Der Spielfilm dokumentiert Ereignisse, die eine junge Familie und das Team eines Krankenhauses während des Bürgerkrieges im syrischen Aleppo erlebten. Anhand der von Waad al-Kateb gedrehten Szenen und Bilder kommt der Betrachter dem entsetzlichen Grauen dieses Krieges unfassbar na- he. Bewundernswert halten die Protagonisten im Dauerbombardement inmitten

von Trümmern und Ruinen aus und halten den Betrieb des Krankenhauses aufrecht. Die Doku konfrontiert den Zuschauer schonungslos mit der täglichen Sorge ums Überleben, verstörender Gewalt und sinnlosem Sterben. Durch die Liebe, die sie füreinander bewahren, ihren Zusammenhalt und den gemeinsamen Kampf für das Leben geben diese bewundernswerten Menschen ein Zeugnis für Würde und Menschlichkeit in einem unmenschlichen Krisenregime. Gewidmet ist der Film der Tochter der Filmemacherin, Sama, die während dieser Zeit in Aleppo unter widrigsten Umständen zur Welt kam.

Das neue Evangelium

Dokumentarfilm/ Spielfilm – Milo Rau – Deutschland/Italien/Schweiz 2020, Laufzeit: 107 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK 12

Im süditalienischen Matera, wo bereits Pasolini 1964 sein „Erstes Evangelium“ und genau 40 Jahre später Mel Gibson die „Passion Christi“ drehten, verwirklicht der Schweizer Regisseur Milo Rau ein Passionsspielprojekt: „Das Neue Evangelium“. Rau wechselt dabei immer wieder die Ebenen: In Spielfilm- Anteilen stellt er Szenen aus dem Leben Jesu nach. Die Hauptrolle besetzt er mit einem aus Kamerun stammenden Aktivisten, der sich um das Schicksal Geflüchteter an der dortigen EU-Außengrenze annimmt. Dokumentarisch beleuchtet er die Lebensbedingungen der Migrantinnen und Migranten vor Ort. Making- of-Szenen verbinden die Formate auf einer Metaebene. Mit diesem Mix unterschiedlicher Genres gelingt es Rau, die sozialkritisch-revolutionären Inhalte der Botschaft Jesu in einen aktuellen Kontext zu transferieren, in dem sie ihre politische und gesellschaftliche Brisanz eindrücklich offenbaren.

Quellenangaben
Hintergrund schwarz - MySpring
Icon Plus - MySpring
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Medien und Digitalität
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Lesezeit:
20 min.

Nacht und Nebel

Originaltitel: Nuit et brouillard – Dokumentarfilm – Alain Resnais – Frankreich 1955, Laufzeit: 31 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK: 12

Der Film des bekannten französischen Regisseurs Alain Resnais ent- stand 1955, zehn Jahre nach der Auflösung der Konzentrationslager, als Mahnmal gegen das Vergessen. Er nimmt seinen Ausgang in den grün überwucherten Ruinen von Auschwitz und zeigt in einem Rück- blick anhand von Film- und Bildmaterial das Geschehen in den Todeslagern, die gnadenlose, menschen-verachtende Präzision der "Endlösung". Resnais Dokumentarfilm gilt filmhistorisch aber auch inhaltlich als eines der wichtigsten Werke zur Geschichte des Holocaust. Gerade seine relative zeitliche Nähe zu den Geschehnissen und seine Zurückhaltung in Kommentar und Bildsetzung sind auch über 65 Jahre nach ihrem Ent- stehen noch eindrucksvoll.

Das erste Evangelium – Matthäus

Originaltitel: Il Vangelo Secondo Matteo – Spielfilm – Pier Paolo Pasolini - Italien 1964, Laufzeit: 136 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK: 6

1964 wagte sich der Meisterregisseur Pasolini an die Verfilmung der biblischen Jesuserzählung. Der„Stoff“ entsprach seiner sozial- und gesellschaftskritischen Einstellung, die er in vielen seiner Literatur- und Filmwerke einnahm. Es gab Vermutungen, Pasolini habe für seine Jesusgeschichte die Bibel als Drehbuch verwendet; so dicht bleibt er am Text des Matthäus-Evangeliums. Die Konzentration und Reduktion auf die biblische Überlieferung werden durch die Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Inszenierung und die Kamera Führung unterstützt: Der Zuschauer wähnt sich in einem Passionsspiel, ohne Spezialeffekte a la Hollywood. (Es wurde ja auch mit Laiendarstellern gedreht.) Und doch entsteht durch den Wechsel von Nahaufnahmen, vor allem auf die Gesichter der Protagonisten, und einen weiten Blick auf Natur und Umgebung, eine gewaltige Wirkkraft des Films, die vor allem die revolutionären humanisti- schen und sozialen Aspekte der Botschaft Jesu herausstellt.

Bruder Sonne, Schwester Mond

Spielfilm – Franco Zeffirelli – Großbritannien/Italien 1972, Laufzeit: 115 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 6

Aus dem Krieg gegen Perugia, in den er stolz gezogen war, kehrt der junge Francesco krank in sein reiches Elternhaus in Assisi zurück. Fieberfantasien führen ihm sein bisher oft hochmütiges und rücksichtsloses Verhalten vor Augen. Wieder gesund, verbringt er seine Tage sinnierend in der Natur und begegnet Chiara – einem von vielen Menschen, die sich ihm im Laufe der Jahre anschließen werden. Sie leben in Armut und Harmonie mit Gottes Schöpfung und ihren Nächsten im Sinne von Jesus Christus. Doch Francesco muss sich besonders gegen seinen Vater, einen Tuchhändler, sowie kirchliche und staatliche Widerstände durchsetzen.

Der Filmklassiker des italienischen Regisseurs Franco Zeffirelli über die Jugendjahre des Heiligen Franz von Assisi erzählt von dessen Entscheidung, alles hinter sich zu lassen und seine wahre Bestimmung in Gott, in der Armut und in der Natur zu finden. Der Film stellt viele aktuelle Bezüge zum Umweltschutz und zu Konsumkritik her und erhält atmosphärische Unterstützung durch seine Filmmusik. Das Werk wurde an Originalschauplätzen in Italien gedreht und ist ein außergewöhnlich bereicherndes und tiefsinniges Filmerlebnis.

Gandhi

Spielfilm – Richard Attenborough – Großbritannien/USA/Indien 1982, Laufzeit: 188 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Mahatma Gandhi geht 1893 als Rechtsanwalt nach Südafrika, um die dort lebenden Inder gegen die strikten Apartheidgesetze zu vereinen. Dabei wendet er zum ersten Mal den passiven, gewaltlosen Widerstand an.

Dieser wird ab 1915 auch in Indien sein Mittel im Kampf für die Freiheit seines Volkes sowie die Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht sein. Nach über 30 mühsamen Jahren wird sein Traum wahr und Indien ein freies Land. Gandhis Lebenseinstellung hat den Lauf der Geschichte entscheidend geprägt und nahm Einfluss auf das Schicksal von Millionen von Menschen. Sein Weg war die Gewaltlosigkeit und seine Waffe die Menschlichkeit. Das monumentale Biopic beschreibt in ruhiger Erzählweise und durch sorgfältige historische Rekonstruktion den Werdegang einer der wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Ein faszinierendes und vielfach preisgekröntes Epos, dass noch heute die Vision von Frieden auf Erden zu vermitteln vermag.

Babettes Fest

Spielfilm – Gabriel Axel – Dänemark 1987, Laufzeit: 102 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 6

Die Filmgeschichte beruht auf Karen Blixens Novelle „Babettes Gastmahl“ aus dem Jahr 1958. Mit einem opulenten Festmahl französischer Art gelingt es Babette, verfestigte Ansichten und Lebensweisen ihrer Gäste, Einwohner eines von pietistischer Frömmigkeit geprägten kleinen

dänischen Dorfes, allmählich aufzubrechen. Wo vorher Genuss und Sinnesfreuden tabu waren und Verzicht und Distanz geboten waren, nähert man sich während des Mahles einander an, lässt Berührungen zu und drückt Zuneigung aus.Dem Film gelingt es, eine offene Einstellung zu propagieren, die die Freuden des Lebens bejaht, ohne die fromme, zurückhaltende Art der Dorfbewohner gering zu schätzen.

Wenn man wollte, könnte man die Geschichte auch so zusammenfassen: „Liebe geht durch den Magen.“

Schindlers Liste

Spielfilm – Steven Spielberg – USA 1993, Laufzeit: 187 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Die Dramatisierung eines dokumentarischen Romans über den national- sozialistischen Industriellen Oskar Schindler, der in Polen mehr als 1.100 Juden das Leben gerettet hat. Teilweise an Originalschauplätzen gedreht, überzeugt der mehr als dreistündige Film vor allem in der Darstellung der Personen und Details, die sich zu einem Zeugnis aktiver Menschlichkeit verdichtet. Man mag über die Möglichkeiten, die Geschehnisse des Holocaust zu dramatisieren, unterschiedlicher Meinung sein, aber die emotionale Wucht bei gleichzeitiger Konzentration auf reale historische Ereignisse um die ambivalente Figur des Oskar Schindler, machen den Film zu ei- nem bleibend wichtigen Kunstwerk, das tiefen Eindruck hinterlässt.

Antonias Welt

Spielfilm – Marleen Gorris – Norwegen – Belgien 1995, Laufzeit: 96 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Kurz vor ihrem Tod lässt die BäuerinAntonia ihr Leben Revue passieren: Nach dem Krieg kehrt sie mit ihrer Tochter in ihr bäuerliches Heimatdorf zurück und übernimmt den Hof ihrer Mutter. Ihre starke Frauen Persönlichkeit und ihre unerschöpfliche Energie prägen das Leben auf dem Bauernhof, der sich zu einem Symbol für Liebe, Freude, Hoffnung und Schmerz entwickelt.Der Film erhielt 1996 den Oscar® als bester ausländischer Film – und das zurecht. Die Familien-Saga über fünf Frauengenerationen stimmt ein Hohelied auf Toleranz, Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit an. Die Filmgeschichte beschreibt die Grundanliegen der Emanzipations-bewegung und feiert die Größe feministischer Freundschaft, Freiheit, Intuition und Solidarität. Ein Klassiker des Frauenfilms!

Oscar® ist the registered trade and service mark of the Academy of Motion Pictures Arts and Sciences. All rights reserved.

Broken Silence

Spielfilm – Wolfgang Panzer – Schweiz 1996, Laufzeit: 104 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Ein Schweizer Kartäusermönch beichtet einem katholischen Geistlichen in New York die Geschichte seiner Odyssee durch Indien: Auf dem Weg nach Indonesien, wo er die Besitzerin des Klosters aufsuchen soll, begegnete er im Flugzeug einer jungen Afroamerikanerin. Wegen seiner Flugangst verlassen beide in Neu- Delhi das Flugzeug und setzen die Reise gemeinsam auf dem Landweg fort. Bald verbindet sie die gemeinsame Suche nach Klarheit und Ruhe. Ein in mehrfacher Hinsicht besonderer Film: Der Mitte der 1990er Jahr- spezielle Einsatz der Videokamera zur Herstellung eines Spielfilms führt zu visueller Verfremdung, aber auch zu besonderer Nähe zu den Hauptfiguren. Als Zuschauer nimmt man direkt an der Reise des Kartäusers und der jungen New Yorkerin teil, taucht in ihre Suche, ihre religiösen und biografischen Gespräche und schließlich in das existenzielle Miteinander ein. Die Rahmenhandlung, die den Reisebericht als Beichte präsentiert, reflektiert und verstärkt die Wirkung zugleich. Ein Film mit spirituellen Qualitäten, der auch 25 Jahre nach seiner Entstehung immer noch eine besondere Faszination ausübt.

Das Leben ist schön

Spielfilm – Roberto Benigni – Italien 1998, Laufzeit: 124 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK 6

Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg lernt der assimilierte jüdische Spaßvogel Guido in Arezzo die Lehrerin Dora kennen und lieben. Als wenige Jahre später alle Juden Italiens in ein

Konzentrationslager deportiert werden, folgt Dora ihrem Mann und ihrem Sonn aus Liebe nach. Doch Guido bringt es seinem Sohn gegenüber nicht fertig, die grausame Wahrheit zu sagen und gaukelt ihm vor, dass alles nur ein Spiel sei. Beginnend als lustige und poetische Liebesgeschichte, wendet sich der Film im zweiten Teil zu einer Tragödie. Er handelt vom menschlichen (Über-)Lebenswillen und erinnert an den Holocaust. Das mit großer Sensibilität und Ernsthaftigkeit inszenierte Movie ist ein bewegender Versuch, auf besondere Weise (Kino-)Bilder für die unverbrüchliche Würde der Holocaust-Opfer zu finden. Ein einzigartiges Filmwerk.

Luther

Spielfilm – Eric Till – Deutschland 2003, Laufzeit: 123 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK 12

Der Film erzählt das Leben von Marin Luther: ein aufwühlendes, hoch emotionales und dramatisches Leben, das von einem Wechselspiel zwischen Glaubensstärke und Anfechtung, Härte und Zerbrechlichkeit, Entscheidungskraft und Hader geprägt ist. Luther klagte eine

allmächtige Kirche an, wurde vom Papst exkommuniziert und vom Kaiser geächtet. Er veränderte mit seiner Überzeugung die Welt. Die wichtigsten Stationen der Reformation (Auswüchse des Ablasshandels und Reliquienkults, 95 Thesen, Reichstag zu Worms und Bibelübersetzung auf der Wartburg) werden solide und durchaus spannend inszeniert, so dass Geschichte leben- dig wird. Sowohl in Schule als auch Erwachsenenbildung kann der Film zu vielfältigen Diskussionen und zur Weiterbeschäftigung mit dem Thema anregen

Touch The Sound

Dokumentarfilm – Thomas Riedelsheimer – Deutschland/ Großbritannien 2004, Laufzeit: 100 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK o. A.

Die weltberühmte klassische Perkussionistin Evelyn Glennie hat nach ei- ner Gehörerkrankung im Kindesalter gelernt, ihren Körper als Resonanzraum zu nutzen, den Klang zu spüren. Gemeinsam mit Regisseur Thomas Riedelsheimer und musikalischen Weggefährten wie Fred Frith und Za Ondekoza begibt sie sich auf eine Reise rund um die Welt. Der Film bietet eine packende Expedition ins Innere von Klangwelten. Eine oftmalige Frage im Film lautet: „Wie macht sie das?“ Eine gehörlose Frau spielt auf allen möglichen Percussion-Instrumenten in einer faszinierenden Art und Weise, allein oder gemeinsam mit anderen Musikern und tritt mit ihrem Körper und ihren Sinnen in Kommunikation mit ihrer Umwelt. Und die überzeugende dokumentarische Filmumsetzung des Regisseurs Thomas Riedelsheimer ist das zweite Faszinosum. Musik lebt – auch mit eingeschränkten Sinnen.

Die große Stille

Dokumentarfilm – Philip Gröning – Deutschland 2005, Laufzeit: 167 Mi-nuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

Die "Grande Chartreuse", das Ursprungskloster der Kartäusermönche nahe Grenoble, ist ein Ort jenseits der Zeit, an dem die Mönche ihre Tage in tiefstem Schweigen verbringen. Diesem radikalen Lebensentwurf versucht die filmische Form gerecht zu werden. Mit ähnlicher Kargheit und Strenge lässt sich der experimentelle Dokumentarfilm auf das Le- ben der Mönche ein, auf ihr Beten und Alleinsein, ihre Arbeit, aber auch auf die Momente der Gemeinschaft. Der weitgehend wortlose, ganz dem rituellen Dasein der Mönche gewidmete Film verzichtet auf jede Information über den kontemplativen Or- den und bringt durch die Bild- und Tongestaltung den sinnlichen Ein- druck einer radikalen, unzeitgemäßen Existenzform nahe. Nur wer bereit ist, sich den Bildern und wortlosen Eindrücken auszusetzen, kann von diesem Film profitieren – dann allerdings im besonderen Maße. „Die große Stille“ kündigt durch den Titel schon an, dass es eines besonderen Settings (z. B. Vorführung im Kirchenraum) und eines ausgewählten Kontextes (z. B. im Rahmen von Exerzitien) bedarf, um die Wirkung des Films voll zur Entfaltung zu bringen. Im besten Falle wer- den die Betrachtenden für eine Weile Teil der Klostergemeinschaft und spüren in Ansätzen die Radikalität der dargestellten Existenzform.

Wer früher stirbt, ist länger tot

Spielfilm – Marcus H. Rosenmüller – Deutschland 2006, Laufzeit: 101 Mi- nuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK 6

Sebastian, ein aufgeweckter Elfjähriger aus einem oberbayrischen Dorf, fehlt etwas die erzieherische Obhut eines geordneten Elternhauses. Sei- nem Vater, der als Alleinstehender die Dorfwirtschaft betreibt, fehlt schlichtweg die Zeit dafür. Seinen Freiraum nützt Sebastian für allerhand groben Unfug. Bei einem seiner Streiche kommt ein Kaninchen seines Bruders zu Tode. Derart verärgert, verrät bzw. beschuldigt der ältere Bruder Sebastian, schuld am Tod ihrer Mutter zu sein, die nicht, wie bisher angenommen, durch einen Unfall, sondern in Wirklichkeit bei Sebastians Geburt gestorben war. Fortan versucht Sebastian auf verschiedenen abenteuerlichen und kuriosen Wegen, diese unerträgliche Schuld loszuwerden. Naheliegend, dass dabei einige von Sebastians Mitmenschen gegen ihren Willen in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Geschichte ist viel gehaltvoller als übliche Lausbubengeschichten. Neben dem sich durchziehenden Thema Tod, sind weitere Herausforderungen des Lebens wie Freundschaft, Liebe, Partnerschaft, Krankheit, Depression, Schuld, Religiosität berührt. Der schwarze, aber hintergründige Humor, der sich durch den Film zieht, mildert jedoch die Schwere vieler dieser Lebensthemen und lässt sie annehmbar und zum Leben gehörend erscheinen.

Nokan

Spielfilm – Yojiro Takita – Japan 2008, Laufzeit: 130 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Ein arbeitsloser Cellist kehrt mit seiner Frau in seine Heimatstadt im Norden Japans zurück, wo er einen Job bei einem Bestattungsunternehmen findet, der lukrativ, aber gesellschaftlich geächtet ist. Trotz zahlreicher äußerer wie innerer Widerstände erkennt er in der rituellen Aufbahrung des Leichnams eine Berufung, da die würdevolle Zeremonie eine heilsame Wirkung auf die Hinterbliebenen ausübt. Die Sepulkralkultur, also die Kultur des Todes, des Sterbens, des Bestattens sowie des Trauerns, hat in vielen unterschiedlichen Gesellschaften und Kulturen oft ähnliche Ausformungen: Die Waschung, das Aufbahren, die Verabschiedung, das Bestatten, das Trauern. Allerdings sind der Tod und der Umgang damit zunehmend aus der Öffentlichkeit verschwunden und tabuisiert. Und damit seine Kulturformen. Der Film macht in einer sehr einfühlsamen Art und Weise die Bedeutung der Sepulkralkultur deutlich.

Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen

Dokumentarfilm – Hajo Schomerus – Deutschland/ Schweiz 2010, Laufzeit: 89 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

Es ist die ungewöhnlichste Wohngemeinschaft der Welt: in der anno 325 errichteten Grabeskirche in Jerusalem leben sechs christliche Konfessionen Tür an Tür: griechisch- orthodoxe , römisch-lateinische , syrische, armenische, äthiopische und ägyptische Christen – allerdings kann sich diese Gemeinschaft nicht einigen, wer denn nun eigentlich Anspruch auf das Grab Jesu hat. Zu hohen Festtagen kommen sich die Prozessionen schon mal in die Quere und Gläubige aus aller Welt verkeilen sich ineinander. Dem Dokumentarfilm gelingt das große Kunststück, einen Ort, der allen christlichen Bekenntnissen als heilig gilt, sowohl in seiner ganzen Vielfalt und langen Geschichte, als auch mit dem nötigen Humor angesichts eines alltäglich neu entstehenden Chaos äußerst unterhaltsam zu porträtieren, verschiedene Stimmen einzufangen und ein buntes Gesamtbild zu präsentieren. In Erwachsenenbildung und Schulunterricht kann dieser Besuch gleichermaßen faszinierend wirken.

Im Garten der Klänge

Dokumentarfilm – Nicola Belucci – Schweiz 2010, Laufzeit: 85 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK o. A.

Der Schweizer Musiktherapeut Wolfgang ist seit seinem 22. Lebensjahr blind. Nachdem er einige Jahre als Physiotherapeut gearbeitet hat, lebt und arbeitet er nun schon seit 16 Jahren in einem Bergdorf in der Toskana. In seine Praxis kommen Kinder mit zum Teil schweren körperlichen und geistigen Behinderungen. Dort können sie verschiedene Klangkörper und Instrumente ausprobieren. Nach und nach lernen die Kinder Kontakt aufzunehmen, aus sich herauszugehen und zu entspannen. „Ent-Spannung“. Das ist die eine der zentralen Aussagen dieses Films. Ein blinder Mann schafft es mit seinen Händen und seiner Musik, Muskeln und Seelen zu entkrampfen. Und die zweite zentrale Aussage lautet Achtsamkeit. Es ist beeindruckend, wie Wolfgang den Menschen zuhört, ihre körperlichen, geistigen und auch seelischen Behinderungen erspürt und erkennt und in einer unglaublichen Achtsamkeit mit ihnen Lösungen ausprobiert und Heilung schafft.

Ziemlich beste Freunde

Spielfilm – Eric Toledano, Olivier Nakache – Frankreich 2011, Laufzeit: 112 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 6

Nur „ziemlich beste Freunde“ werden Philipp und Driss. Der Graben zwi- schen den Welten, in denen sie leben, ist sehr tief: Philipp, ein wohlhabender, kulturell gebildeter aber körperlich schwerbehinderter Mann, stellt Driss, einen vorbestraften, farbigen Franzosen mit Migrationshintergrund aus einem Pariser Problem- viertel, als Pfleger und Chauffeur ein. Dieser „Clash of Cultures“ scheint ein Experiment zu sein, das von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Doch die sehr direkte und unkomplizierte Herangehensweise von Driss an seinen Job,  stellt sich als guter Weg heraus, mit Philipp und seiner starken Beeinträchtigung umzugehen. Aus dem Angestelltenverhältnis entwickelt sich allmählich eine vertrauensvolle Beziehung, die Züge einer Freundschaft annimmt. Bleibt die mitunter rasante Komödie auch an vielen Stellen an der Oberfläche, so verbaut sie doch nicht die Möglichkeiten, sich auch mit den ernsten Themen des Films auseinanderzusetzen. Eindrucksvoll ist die Filmmusik von Ludovico Einaudi.

Von Menschen und Göttern 

Spielfilm – Xavier Beauvois – Frankreich 2010, Laufzeit: 123 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Im Jahr 1996 werden im algerischen Atlasgebirge sieben Trappistenmönche ermordet aufgefunden. Das spirituelle Drama nach einer wahren Begebenheit zeichnet die letzten Monate im Leben der Mönche von Tibhirine nach. Sie leben ein friedliches, asketisches Leben, ihrem Glauben und der Hilfe für andere verpflichtet. Als in der Nähe des Klosters eine Gruppe von Gastarbeitern von islamistischen Rebellen getötet wird, greift der schon lange schwelende Konflikt zwischen algerischen Regierungs-Truppen und Rebellen auch in das Leben der Mönche ein. Man legt ihnen nahe, das

Kloster zu verlassen. Doch die Mönche diskutieren, zweifeln, kämpfen mit sich – und entscheiden, dass sie gerade in dieser Situation bleiben müssen und wollen. Der vielfach mit Preisen ausgezeichnete Film enthält durch Inhalt und Form spirituelle Qualitäten. Der gemeinsame Psalmengesang und die Feier der Eucharistie begleiten und kommentieren die Geschehnisse im Alltag der Mönche, welche der existenziellen Frage nachgehen, was eigentlich Nachfolge Christi konkret bedeutet. Die hervorragenden Schau- spieler vermitteln nicht nur persönliche Glaubenserfahrung sondern geben auch beeindruckendes Zeugnis von der Begegnung zwischen Islam und Christentum. Zentrales Thema ist über das Weihnachtsfest der tiefere Sinn von Menschwerdung.

Le Havre

Spielfilm – Aki Kaurismäki – Deutschland/Finnland/Frankreich 2011, Laufzeit: 94 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

Marcel, früher Autor und wohlbekannter Bohemien, hat sich vor längerer Zeit in sein frei gewähltes Exil, die Hafenstadt Le Havre, zurückgezogen. Der Traum vom literarischen Durchbruch ist längst begraben und trotzdem führt er ein zufriedenes Leben mit seiner Frau Arletty. Doch dann erkrankt Arletty schwer. Gleichzeitig kreuzt Indrissa, ein minderjähriger Flüchtling aus Afrika, seinen Weg. Mit der Unterstützung diverser Freunde möchte Marcel dem Junge die Weiterreise nach London ermöglichen, wo er seine Mutter finden will. Solidarität, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe sind die Kernaussagen in den Filmen des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki. Er widmet sich den Menschen und ihren Problemen an den Rändern der Gesellschaft und findet in seiner eigenen lakonischen Erzählweise einen außergewöhnlichen Zugang zu diesen Randgruppen. In diesem Film nimmt er sich dem Thema „Flucht“ an und am Ende bleibt offen, ob es sich um ein Märchen oder ein Gebet handelt.

Vergiss mein nicht

Dokumentarfilm – David Sieveking – Deutschland 2012, Laufzeit: 88 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK o. A.

David Sieveking dokumentiert die letzten Lebensjahre seiner eigenen Mutter Gretel, die an der Alzheimer- Krankheit leidet. Sie verliert jedoch nicht den Lebensmut. Ihr Sohn zieht zu ihr und lernt sie noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen und wird von ihr schon bald für ihren

Ehemann gehalten. Der Vater entwickelt noch einmal eine liebevolle Beziehung voller Intimität und Romantik zu seiner Frau, die auch von ihr erwidert wird. Da Gretel nichts mehr aus der Vergangenheit berichten kann, macht sich ihr Sohn auf die Suche nach der Vergangenheit seiner Eltern. Der Dokumentarfilm, der ganz innerhalb der betroffenen Familie bleibt, weitet sich durch Fotos und Filmausschnitte aus dem Leben von Gretel zu einem bewegenden Porträt der Mutter des Filmemachers. Obwohl die Schilderungen sich zentral mit Alter, Tod und dem Schrecken des Vergessens durch die Demenz auseinandersetzen, feiert die Inszenierung vor allem auch die Kostbarkeit des Lebens und geteilter Lebenszeit und entfaltet auf diese Weise eine sehr positive Stimmung.

Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit

Spielfilm – Uberto Pasolini – Großbritannien 2013, Laufzeit: 87 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren – FSK 12

Ein Angestellter des Londoner Sozialamts widmet sich hingebungsvoll seiner Aufgabe, Angehörige und Bekannte von Menschen aufzuspüren, die einsam gestorben sind. Er schreibt einfühlsame Reden, organisiert die Beerdigungen und kümmert sich um die letzten Dinge. Doch dann wird seine Abteilung aufgelöst, und er verliert seinen Job. Ein letzter Fall bleibt ihm noch, in den er sich mit aller Energie stürzt.

In einer Indianerreligion wird der Tod so dargestellt, dass man nach dem Sterben einem Wesen begegnet, das einen fragt: „Wieviel Menschen waren glücklich, dass du gelebt hast?“. Das ist die zentrale Aussage dieser Religion und das ist auch die zentrale Aussage dieses Films. Ein einsamer skurriler Mann kümmert sich um die einsamen Toten einer Stadt. Was wäre, wenn dieser Mann sterben würde? Eine Hommage an die Nächstenliebe.

Pfarrer

Dokumentarfilm – Chris Wright und Stefan Kolbe – Deutschland 2013, Laufzeit: 90 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK o. A.

Ein Jahr lang begleiten die Regisseure Wright & Kolbe eine Gruppe junger Männer und Frauen in der Endphase ihrer Ausbildung zum Pfarrer im Predigerseminar in Wittenberg. Anfangs geht es noch hauptsächlich um das Erlernen religiösen Handwerks. Aber im Laufe der Zeit sehen sich Protagonisten wie Filmemacher zunehmend mit den grundlegendsten menschlichen Fragen konfrontiert. Grenzen verschwimmen – zwischen Glauben und Unglauben, Trost und Verzweiflung, Wahrheit und Wahnsinn. Es entsteht ein offener, intimer Dialog über unsere fundamentalen Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Sinn. Durch die räumliche Konzentration auf das Predigerseminar und die sehr persönlichen Interviews mit vier jungen Männern und Frauen entsteht Raum für eine persönliche Auseinandersetzung mit Glauben, Zweifel und Lebensweg. Der Film verlangt einiges an Konzentration, wirkt dann aber lange nach.

Paddington

Spielfilm – Paul King – Frankreich/ Großbritannien 2014, Laufzeit: 91 Minuten, empfohlen ab 8 Jahren – FSK o. A.

Der heimatlos gewordene sprechende Bär Paddington gerät in London in allerlei Abenteuer. Nicht nur, weil die großstädtische Zivilisation Eingewöhnung braucht, sieht sich der Bär vor schwierige Herausforderungen gestellt. Eine zu allem entschlossene Tierpräparatorin will Paddington unbedingt ausgestopft in ihrer Trophäensammlung haben. Zu seinem Glück findet er bei Familie Brown – wenn auch erst nach Anlaufschwierigkeiten – ein neues Zuhause. Die filmische Umsetzung der von Michael Bond geschriebenen Geschichten ist hervorragend gelungen. Ein anrührender, zuweilen durchaus spannender Film für die ganze Familie, der auch durch Detailverliebtheit und Trickraffinesse besticht. Wie könnte man den tollpatschigen, drolligen aber wahnsinnig charmanten Pelzgesellen, der sämtliche Teddybär-Klischees erfüllt, nicht mögen? Und weil das so ist, gehen seine Abenteuer in Paddington 2 weiter.

Das Salz der Erde 

Dokumentarfilm – Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado – Brasilien/ Frankreich 2014, Laufzeit: 109 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK 12

Der aus Brasilien stammende Fotograf Sebastião Salgado dokumentierte in den vergangenen 40 Jahren die Spuren unserer Menschheitsgeschichte auf allen Kontinenten. In einer Schaffenspause widmete er sich der Wiederaufforstung eines erodierenden Gebietes in seiner Heimat, wodurch er zu seinem Fotoprojekt „Genesis“ inspiriert wurde, das die paradiesischen,

von Menschen unberührten Orte der Erde zeigt. Diese Fotografien sind eine Hommage an die Schönheit unseres Planeten. Viele kennen die eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bilder von Sebastiao Salgado: Verdreckte Goldschürfer in Brasilien, brennende Ölfelder in Kuwait oder hungernde Kinder in der Sahelzone. Seine sozialdokumentarischen Bilder machten ihn krank, jetzt widmet er sich Aufforstungsprojekten und der Naturfotografie, die seine Seele heilen. Sein Sohn Juliano Ribeiro Salgado und Filmemacher Wim Wenders setzen dem Leben und der Arbeit des Fotografen ein dokumentarisches Denkmal.

Papst Franziskus — Ein Mann seines Wortes

Dokumentarfilm – Wim Wenders – Deutschland/Italien/Schweiz/Frankreich 2018, Laufzeit: 92 Minuten, empfohlen ab 12 Jahren – FSK o. A.

Der Filmemacher Wim Wenders begleitet Jorge Mario Bergoglio, der seit 2013 als Papst Franziskus Oberhaupt der katholischen Kirche ist, über zwei Jahre auf seinen Reisen. U.a. nach Jerusalem und bei den Vereinten Nationen. Er beobachtet den Papst in Einzelgesprächen mit Personen jeglichen Alters, aus verschiedenen Nationen und allen sozialen Schichten. Im Zentrum dieses Porträts stehen die Gedanken des Papstes, alle ihm wichtigen Themen, aktuelle Fragen zu globalen Herausforderungen und sein Reformbestrebungen innerhalb der Kirche. Dieser Film ist in einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit mit dem Vatikan entstanden. Die Dokumentation zeigt dem Zuschauer in einer Zeit, in der das Misstrauen gegenüber der Politik wächst und in der Korruption und „alternative Fakten“ das Leben bestimmen, ein Portrait von einem Mann, der versucht zu leben, was er predigt, und dem die Menschen aller Glaubensrichtungen, aus aller Welt und aus unterschiedlichsten Kulturen ihr Vertrauen schenken. Der Film will jene Nähe zum Menschen erzeugen, die Franziskus selbst als Kern seiner pastoralen Arbeit sieht.

Für Sama

Originaltitel: For Sama –Dokumentarfilm – Waad al-Kateab – Großbritannien 2019, Laufzeit: 96 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK 16

Der Spielfilm dokumentiert Ereignisse, die eine junge Familie und das Team eines Krankenhauses während des Bürgerkrieges im syrischen Aleppo erlebten. Anhand der von Waad al-Kateb gedrehten Szenen und Bilder kommt der Betrachter dem entsetzlichen Grauen dieses Krieges unfassbar na- he. Bewundernswert halten die Protagonisten im Dauerbombardement inmitten

von Trümmern und Ruinen aus und halten den Betrieb des Krankenhauses aufrecht. Die Doku konfrontiert den Zuschauer schonungslos mit der täglichen Sorge ums Überleben, verstörender Gewalt und sinnlosem Sterben. Durch die Liebe, die sie füreinander bewahren, ihren Zusammenhalt und den gemeinsamen Kampf für das Leben geben diese bewundernswerten Menschen ein Zeugnis für Würde und Menschlichkeit in einem unmenschlichen Krisenregime. Gewidmet ist der Film der Tochter der Filmemacherin, Sama, die während dieser Zeit in Aleppo unter widrigsten Umständen zur Welt kam.

Das neue Evangelium

Dokumentarfilm/ Spielfilm – Milo Rau – Deutschland/Italien/Schweiz 2020, Laufzeit: 107 Minuten, empfohlen ab 16 Jahren – FSK 12

Im süditalienischen Matera, wo bereits Pasolini 1964 sein „Erstes Evangelium“ und genau 40 Jahre später Mel Gibson die „Passion Christi“ drehten, verwirklicht der Schweizer Regisseur Milo Rau ein Passionsspielprojekt: „Das Neue Evangelium“. Rau wechselt dabei immer wieder die Ebenen: In Spielfilm- Anteilen stellt er Szenen aus dem Leben Jesu nach. Die Hauptrolle besetzt er mit einem aus Kamerun stammenden Aktivisten, der sich um das Schicksal Geflüchteter an der dortigen EU-Außengrenze annimmt. Dokumentarisch beleuchtet er die Lebensbedingungen der Migrantinnen und Migranten vor Ort. Making- of-Szenen verbinden die Formate auf einer Metaebene. Mit diesem Mix unterschiedlicher Genres gelingt es Rau, die sozialkritisch-revolutionären Inhalte der Botschaft Jesu in einen aktuellen Kontext zu transferieren, in dem sie ihre politische und gesellschaftliche Brisanz eindrücklich offenbaren.

Quellenangaben
Hintergrund schwarz - MySpring
Icon Plus - MySpring

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